Persönlichkeitsentwicklung
Persönlichkeitsentwicklung - was ist das eigentlich?
Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass keine Eltern als "perfekte Eltern" geboren werden. Das war auch bei uns so.
Wir haben in unserer Familie vier Kinder versucht gleichermaßen liebevoll und vernünftig zu erziehen.
Zur Erziehung gehört in erster Linie den Kindern alles zu bieten, damit sie sich zu vernünftigen Menschen entwickeln können: Liebe * Achtung und Respekt * Essen + Kleidung * Vermittlung von Werten und Normen * Achtung von Gesetzen * Ermöglichen einer Ausbildung entsprechend der geistigen Entwicklung * Förderung aller Ressourcen soweit machbar.
Die Eltern können immer nur das leisten, wozu sie befähigt sind, was sie sich leisten können. Zu DDR-Zeiten konnten wir unseren Kindern viel bieten, was andere Kinder vielleicht nicht hatten.
Als Eltern haben wir zusätzlich eine wichtige Aufgabe darin gesehen, unsere Kindern zu unterstützen:
- beim Erlernen von Selbstreflexion: sich selbst kennen zu lernen, sich zu orientieren und Möglichkeiten für ihren Lebensweg aufzuzeigen. Die Entscheidungen sollen die Kinder möglichst selbst treffen, mit unserer Unterstützung (beratend und wegweisend). Wir haben versucht individuelle Ressourcen zu entwickeln, ... mit ihnen über ihre Motivationen, Stärken und Schwächen zu sprechen. Susan z.B. hat nicht nur Gedichte und Tagebuch geschrieben, sie hat auch regelmäßig ihrem Tagebuch berichtet. Die Oma, aber auch die Tante in Reutlingen hatten immer ein offenes Ohr und haben den Kindern geholfen ihre Selbstreflexion zu vertiefen. Bei Susan war es nicht einfach, weil sie selten andere Meinungen akzeptiert hat ... aber, auch das haben wir versucht weiter zu entwickeln und sie war auf dem richtigen Weg.
- Alle Kinder wurden gleich erzogen und haben gelernt, sich klare Ziele in ihrem Leben zu setzen. Natürlich haben wir als Eltern darauf geachtet, dass sie sich nicht verirren. So haben wir z.B. auf Susan gewirkt, dass ihr Hobby "Singen/Musik" anfangs nicht der Hauptberuf werden sollte. Es ist wichtig, einen festen Beruf zu haben, womit man seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Das schließt nicht aus, dass die Musik (wie bei Susan) weiter Bestandteil des Lebens ist. Susan hat das sehr gut bewältigt: anfangs wollte sie kein Abitur machen * sie hat eine Berufsausbildung gemacht (auch wenn ihr der Beruf später nicht mehr gefällt) * sie hat das Abitur nachgemacht * und, die Musik blieb in Größenordnungen nicht auf der Strecke * dann ging sie nach Griechenland, verzettelte sich anfangs, hat aber schnell wieder die für sie passende Richtung gefunden * hat ihr Germanistikstudium angefangen (4 Semester) * plante Lehrerin zu werden.
Ein fantastischer Weg - Das hat Susan alles alleine, aus eigener Kraft geschafft, durch eine gute Erziehung im Elternhaus und Förderung der Persönlichkeitsentwicklung.
- Susan hat sich zu einer starken und selbstbewußten Person entwickelt. Das Selbstbewußtsein ist das Fundament der Persönlichkeit und bestimmt maßgeblich den Erfolg im Leben. Susan war sich ihrer Stärken bewußt und hat an sich geglaubt. Zwischenzeitlich kam sie etwas ins Wanken. Wie wir aus den Telefonaten mit Susan entnehmen konnten, wurde von einigen Kontaktpersonen stark an ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten manipuliert. Glücklicherweise war sie so stark, dass sie es selber geschafft hat, ihren Weg zielgerichtet weiter zu gehen. Susan hat im Laufe der Zeit ihre Fehler, Fehler die jeder Mensch hat, gearbeitet und somit kontinuierlich an ihrem Selbstwertgefühl gearbeitet.Sie ist viele Risiken eingegangen, um ihre Träume zu verwirklichen. Leider ist ihr ein Risiko zum Verhängnis geworden. Wir denken, dass sie sich etwas überschätzt hat und sich nicht ganz so darauf besonnen hat, was sie in ihrem Elternhaus gelernt hat.
- Im Elternhaus haben die Kinder gelernt Selbstdisziplin als eine wichtige Fähigkeit einzusetzen, um langfristige Ziele über kurzfristige Bedürfnisse zu stellen. Susan hat die Selbstdisziplin hervorragend beherrscht. Sie war entschlossen, ausdauernd, setzte Prioritäten und ... sie blieb in schwierigen Zeiten fokussiert. Die Disziplin, klare Routinen zu schaffen, viel ihr schwer.
- Über Förderung der Liebe zu Tieren, zur Natur, zur Kultur haben wir versucht Empathie aufzubauen. Konkret haben die Kinder gelernt, sich in andere Menschen und Lebewesen hineinzuversetzen und deren Perspektive zu verstehen. Hierdurch haben wir versucht zwischenmenschliche Fähigkeiten zu stärken und Mitgefühl für die Gefühle anderer zu zeigen. Diese Fähigkeit voll an Susan zu vermitteln ist uns Eltern nicht gelungen. Wir haben versucht eine gesunde Beziehung zu ihr aufzubauen und ihr zu vermitteln, wie man Konflikte konstruktiv löst. Wir haben versucht auf gegenseitiger Basis zu agieren: wir haben versucht aktiv zuzuhören, auch wenn das Temperament mit Susan durchging, wir haben versucht uns in die Lage von ihr zu versetzen und wir haben versucht echtes Interesse an ihren Bedürfnissen zu zeigen.
- Susan hatte unwahrscheinliche Resilienzfähigkeiten. Sie war schnell in der Lage, sich von Rückschlägen zu erholen und gestärkt aus den folgenden Herausforderungen hervorzugehen. Sie hat ihre Bewältigungsstrategien erweitert, ihre psychische Widerstandsfähigkeit gestärkt und hat unwahrscheinlich viel aus ihren Erfahrungen (auch aus der Kindheit) gelernt. Unsere Tochter war gut in der Lage Krisen zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen. Leider gab es immer wieder Menschen, die sie ansprachen zur psychischen Instabilität, die sie hätte. Wir sprachen in unseren Telefonaten darüber. Susan hat nach solchen Äußerungen immer gedacht, dass sie nicht normal ist --- das haben doch die und die gesagt. Es ist schwierig als Mutter, wenn diese auch noch Psychologin ist, über die Psyche zum Kind zu reden. Ich habe Susan vorgeschlagen, eine Psychologin aufzusuchen und mit ihr zu sprechen. Susan war zuerst nicht begeistert, sie sagte, ich bin doch nicht verrückt. Nein, das war sie auf keinen Fall. Ich habe ihr erklärt, dass das Gespräch mit einem Psychologen nicht unbedingt Therapie bedeutet. Susan hat die Möglichkeit genutzt und ist sehr gestärkt aus den zwei Terminen hervorgegangen.
- Ein ebenso wichtiger Punkt in der Persönlichkeitsentwicklung, die wir unseren Kindern vermittelt haben, ist die kontinuierliche Weiterbildung. Das hat Susan definitiv gut getan. Wir haben unseren Kindern vermittelt, dass der Prozeß der persönlichen Entwicklung niemals aufhört und lebenslanges Lernen zum Leben dazu gehört.
Wir sind uns als Eltern sicher, dass wir alles getan haben, um aus unseren Kindern gute Persönlichkeiten zu machen. Was die Kinder später aus ihrem Leben machen, ist ihre eigene Entscheidung. Wir können zwar raten, wenn die Kinder das möchten, aber die Verantwortung liegt bei den erwachsenen Kindern selbst.
Wir schätzen ein, dass wir unsere Aufgaben als Eltern gut erfüllt haben! Susan können wir nicht mehr helfen. Aber, unseren anderen drei Kindern wünschen wir alles Gute und mögen sie sich immer an das erinnern, was wir ihnen vermittelt haben.