2013
In diesem Jahr passierte recht viel Neues.
Gleich Anfang des Jahres habe ich die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Frau Viviane Reding angeschrieben. Frau Reding ist verantwortlich für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft. Ich habe mehrere Beiträge von Frau Reding im Vorfeld gelesen, die darauf hinwies, dass Opferrechte in der gesamten EU nicht korrekt angewandt werden würden. Viele Opfer hätten sich an sie gewandt und sie bittet darum, zu informieren, welche Probleme in den einzelnen EU-Ländern auftreten.
Auf mein Schreiben (hier ein kurzer Auszug) erhielt ich von Herrn Oliver Tell, der später viele Schreiben verfaßte und unterschrieb, die Mitteilung, dass die EU-Länder bis zum 16.11.2015 verpflichtet sind, einen Mindeststandard von Opferrechten in nationales Recht umzusetzen. Dazu gehört die Anerkennung und Unterstützung der Angehörigen gewaltsamer Tötung.
Ein neuer deutscher Anwalt zeigte Interesse an dem Fall und bot mir ein Beratungsgespräch mit seinen Kollegen an. Wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer. Wobei ich gleich vorab sagen kann, dass der Anwalt wirklich sehr aktiv und kompetent wirkte. So hat er sofort darauf reagiert, als ich davon sprach, dass ich denken würde, dass die beiden Staaten sich - aus meiner Sicht - strafbar gemacht haben. Es wurde jahrelang auf irgendwelche subjektiven Deutungen zum Familienleben herumgeritten, welches schwer Familien- und Persönlichkeitsrechte verletzte. Es wurde niemals untersucht, ob ein Gewaltverbrechen vorliegen würde.
Es wurde nötig, dass einzelne griechische Dokumente übersetzt werden. Wie sollte ich jetzt aus einem dicken Ordner mit griechischen Dokumenten die Unterlagen finden / raussuchen, die für den deutschen Anwalt wichtig und nötig waren.
Der Anwalt hat einen partnerschaftlichen Kontakt in Griechenland und diesen bat er schriftlich um eine Kontaktaufnahme mit unserem griechischen Rechtsanwalt V.G. und anschließender Zusammenarbeit.
Ich habe nie erfahren, was dabei herausgekommen ist ... und ob unser griechischer Anwalt V.G. an der Zusammenarbeit mitgewirkt hat.
Trotzdem ich in den Jahren mehrfach um finanzielle Unterstützung bei verschiedenen Opferhilfeeinrichtungen nachgefragt habe - ich fühlte mich wie ein Bettler! - versuchte ich mein Glück erneut. Ich telefonierte mit der Opferstiftung in Baden-Württemberg. Die Dame am Telefon wirkte recht unnahbar, wie ich es auch vorher schon von anderen Mitarbeitern verschiedener Opferhilfeeinrichtungen gewohnt war. Als ich davon sprach, dass ich ja ein "Opfer" sei, konterte sie sofort "... Sie sind doch kein Opfer, sie leben ja noch ...". Ich klärte sie dann auf, dass die EU eine EU-Richtlinie zum Mindeststandard für Gewaltopfer erstellt hat und diese beinhalten würde, dass Angehörige gewaltsamer Tötung den Opferstatus haben. Sie müssen so behandelt werden, wie das Opfer selbst, wenn es überlebt hätte. Diese Mitarbeiterin mußte wohl davon schon gehört haben, sie wurde unsicher und sagte mir, dass ich einen schriftlichen Antrag stellen solle. Ich bat um die Zusendung von Antragsformularen. Mir wurde gesagt, die könne ich im Internet raussuchen und herunterladen, unter der Seite der Opferstiftung.
Das tat ich dann auch. Ich wollte es nicht glauben: nach Prüfung erhielt ich tatsächlich die Mitteilung, dass ich einen Schmerzensgeldersatz in Höhe von 1.500,00 EUR erhalte. Dieser Betrag wurde auch recht schnell überwiesen. Dafür danke ich noch einmal herzlich!
Das Geld wurde dringend benötigt, um die wichtigsten griechischen Unterlagen für den Anwalt übersetzen zu lassen. Das hat zwar längst nicht ausgereicht, war aber ein guter Anfang.
Was mir bei dem neuen deutschen Anwalt gut gefiel: er erstellte von allen ihm vorliegenden Unterlagen eine Übersicht zum besseren Verständnis --- Datum, Vorgang, Reaktion * mögliche Anträge ---. Das hatte ich bisher bei keinem Anwalt erlebt. Mein Gedanke damals: Na schaun wir mal, was wir erreichen werden.
Der neue Anwalt reagierte umgehend und verfasste in kürzester Zeit Schreiben an:
- Staatsanwaltschaft Freiburg -- Bitte um Informationen zum Ermittlungsverfahren gegen E.O. = Akis -- sowie Einstellungsverfügung
- Antrag auf Akteneinsicht
Die Aktenzusendung dauerte etwas, da die "Akten zur Zeit nicht verfügbar" seien.
- Anschreiben an den Petitionsausschuss des Bundestages und Mitteilung der anwaltlichen Vertretung --- sowie Zusendung noch nötiger Unterlagen an den Ausschuss
- Prüfung des BGH-Beschlusses über die Zuständigkeit
- mein Wiederspruch gegen den Einstellungsbescheid
- Anforderung und Prüfung des Obduktionsberichtes
Der Anwalt plante gedanklich ein Klageerzwingungsverfahren.
Allerdings sprachen wir auch über die Amtshaftung und Staatenhaftung. Das war voll in meinem Interesse. Es galt genau nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für diese Vorgehensweisen vorlagen.
Am 12. 04. 2013 reichte der Anwalt einen Antrag auf Amtshaftung an den Deutschen Bundestag, Petitionsausschuss ein.
I. Rechtsgrundlage
Art. 34 GG und § 839 BGB bilden eine einheitliche Rechtsgrundlage.
Art. 839 BGB ist die anspruchsbegründende Norm.
Art. 34 GG erweitert den Kreis der Personen, deren Handlungen eine Haftung begründen können und leitet die Haftung auf den Staat über.
II. Anspruchsvoraussetzungen
1. In Ausübung eines öffentlichen Amtes handelnd
– Es gilt der haftungsrechtliche Beamtenbegriff.
– Trotz Einschaltung Privater liegt öffentliches Handeln vor, bei:
– Beliehenen und unselbstständigen Verwaltungshelfern oder
– selbstständigen Verwaltungshelfern, sofern sie nur als Werkzeug der Behörde anzusehen sind (Werkzeugtheorie).
– Im Rahmen der Eingriffsverwaltung liegt regelmäßig öffentliches Handeln vor.
– Im Rahmen der Leistungsverwaltung ist das Vorliegen öffentlichen Handelns abhängig von der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses.
– Bei neutralen Handlungen sind Funktionszusammenhang und Zielsetzung maßgebend.
– „in Ausübung“ bedeutet nicht nur bei Gelegenheit, es ist also ein Funktionszusammenhang mit der Amtsausübung erforderlich.
2. Verletzung einer Amtspflicht
a) Amtspflichten:
– Pflicht zu rechtmäßigem Verwaltungshandeln
– Pflicht zur Vermeidung unerlaubter Handlungen
– Pflicht zur Erteilung richtiger und vollständiger Auskünfte
– Pflicht zu zügigem und konsequentem Verwaltungshandeln
– Ein Unterlassen kann nur eine Amtspflichtverletzung darstellen, wenn es eine konkrete Pflicht zum Tätigwerden der Behörde gibt.
b) Verletzung
Bei Tätigwerden aufgrund interner Dienstanweisung haftet der anweisende Amtsträger.
3. Drittbezogenheit der Amtspflicht
a) Drittwirkung (i.S.d. Schutznormtheorie)
– Die Amtspflicht darf nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen.
– Keine Haftung für legislatives Unrecht, da der Normgeber beim Erlass einer Norm ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig wird (hM).
b) Persönlicher Schutzbereich
= Der Betroffene muss zum geschützten Personenkreis gehören.
c) Sachlicher Schutzbereich
= Der Schutz des betroffenen Interesses muss von der Drittwirkung erfasst sein.
4. Kausalität
5. Verschulden, § 276 BGB
– Maßstab ist ein durchschnittlich sorgfältiger Amtsträger, der den Anforderungen seines Amtes entspricht.
– Der Amtsträger muss ggf. Erkundigungen einholen.
III. Haftungsausschluss
1. § 839 I 2 BGB (Subsidiarität)
2. § 839 II BGB (Spruchrichterprivileg)
3. § 839 III BGB (Unterlassener Rechtsmittelgebrauch)
IV. Haftende Körperschaft – Anspruchsgegner
Anvertrauenstheorie: Es haftet diejenige Körperschaft, die dem Amtsträger die Aufgabe übertragen hat, bei deren Ausübung er seine Amtspflicht verletzt hat.
V. Rechtsfolge
– Ersatz des durch die Amtspflichtverletzung zurechenbar verursachten Schadens (§§ 249 ff. BGB) in Geld
– ggf. Anspruchsminderung bei Mitverschulden, § 254 BGB
VI. Keine Verjährung, §§ 195, 199 BGB
VII. Rechtsweg: Zivilrechtsweg, Art. 34 S. 3 GG
Quelle: https://juraexamen.info/schema-amtshaftungsanspruch-%C2%A7-839-bgb-und-art-34-gg/
Zur Amts- und Staatshaftung werde ich in den kommenden Ermittlungsjahren noch berichten!
Zwischenzeitlich meldet sich die Staatsanwaltschaft Berlin sowie die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz.
Unter anderem ging es um meine Anzeige gegen die griechische Staatsanwältin, die den Fall verschleppt hat und fehlende Neutralität nachweislich aufwies. Die Familie wurde durch sie diskriminiert und stigmatisiert.
Auf der Anzeige, die ich bei der Polizei einreichte erhielt ich nach langer Zeit und mehrmaligen Nachfragen eine Antwort „Keine Straftat“. Dagegen legte ich Widerspruch ein.
Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 11. 04. 2013 lautete:
„Soweit Sie bemängeln, dass ein Polizeibeamter auf dem Vorgangsdeckblatt „Keine Straftat“ vermerkte hat, kann ich angeben, dass diese Randnotiz auf das weitere Verfahren keinen Einfluss gehabt hat. Es ist bei der Staatsanwaltschaft Berlin ein Verfahren wegen Mordes eingeleitet worden. Dieses Verfahren ist an die zuständige Staatsanwaltschaft Freiburg abgegeben worden… Auf die Sachbehandlung des Falles durch die griechischen Strafverfolgungsbehörden haben die Berliner Justizbehörden keinen Einfluss.“
„Ausweislich der von Ihnen übersandten Unterlagen wurde auf Ihre Strafanzeige gegen die griechische Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Freiburg ein Verfahren eingeleitet. Wegen des Sachstandes in diesem Verfahren müssten Sie sich an die Staatsanwaltschaft Freiburg wenden.“
„Soweit Sie beim Bundesgerichtshof die Verlegung der Zuständigkeit für die Ermittlungen nach Berlin beantragt haben, müssten Sie sich an den Bundesgerichtshof wenden.“
„Soweit Sie um Informationen bitten, wie Sie Ihre Rechte durchsetzen können, bitte ich um Verständnis, dass ich hierzu keinen Rat geben darf. Die Rechtsberatung ist vom Gesetzgeber den Rechtsanwälten zugewiesen worden. Ich rege daher an, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden, sofern Sie sich hiervon Erfolg versprechen.“ (Staatsanwalt Horst…)
Am 26. 07. 2013 erhielt ich Post von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (unterschrieben von einer Sachbearbeiterin und einem Tarifangestellten)
Folgende Kurzinformationen waren Bestandteil des Schreibens:
Anzeige gegen die griechische Staatsanwältin: „… Die Polizei hat im August 2010 eine Strafanzeige wegen „des Verdachts einer Straftat“ aufgenommen. Das entsprechende Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Berlin an die Staatsanwaltschaft Freiburg abgegeben. Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat bezüglich meiner Vorwürfe gegen die griechische Staatsanwältin einen gesonderten Vorgang anlegen wollen…“
- AZ: 1 Kap Js 1776/10
„Soweit Sie beanstandet haben, dass von Seiten der Berliner Polizei nach der Anzeigenaufnahme eine Änderung von „Verdacht einer Straftat“ in „keine Straftat“ vorgenommen worden ist, muß ich zunächst darauf hinweisen, dass die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz nicht die Dienstaufsicht über die Polizei innehat. Diese steht der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zu. Gerne möchte ich Ihnen aber hierzu Folgendes erläutern:
„… Die Polizei hat in dem Verfahren u.a. im August 2010 vermerkt „Der Sachverhalt wurde bereits im Jahr 2007 zur Anzeige gebracht. Zur Vermeidung einer Doppelerfassung wurde der Erfassungsgrund in „Keine Straftat“ abgeschlossen und zur Kenntnis an die StA Berlin gesandt wird…“
- Dass kann ich persönlich nicht nachvollziehen, da ich im Jahr 2007 die Staatsanwaltschaft Griechenland noch gar nicht kritisiert hatte, ich hatte da noch keine Kenntnis über die Arbeitsweise. Erst im Dez. 2008 habe ich erste Erfahrungen mit der griechischen Staatsanwaltschaft gemacht und danach mit Skepsis reagiert.
„… Allein der Staatsanwaltschaft Freiburg obliegt daher die Verfahrensbearbeitung, die inhaltliche rechtliche Würdigung des Sachverhalts und der Verfahrensabschluss, nicht mehr den Berliner Behörden…“
- Auch diese Erklärung ist für mich nicht nachvollziehbar, weil die Staatsanwaltschaft in Baden-Württemberg, Freiburg schriftlich mitgeteilt hat, dass der Fall/die Akte geschlossen wird und nichts weiter unternommen werden wird. Auf Empfehlung eines BKA-Beamten, dem ich davon berichtete, habe ich versucht, den Fall nach Berlin zu holen, weil ich in Berlin lebe. Ich habe keine Veranlassung gesehen, dass der Fall weiter in Baden-Württemberg bleiben sollte, zumal diese bisherige Verfahrensweise sehr beschwerlich für die Familie war und jetzt wieder wird.
Es ist schon sehr befremdlich, wie die Bearbeiterin im Schreiben vom 26. 07. 2013 mit dem Thema nach über einem halben Jahr meines Schreibens umgeht. Zumal bekannt ist, dass ich eine Rechtsvertretung habe. Um eine Rechtsauskunft habe ich niemals gebeten, mir ist bewusst, dass diese Stellen dieses nicht leisten.
Aber trotzdem hat sie sich schriftlich entschuldigt, wegen der langen Bearbeitungszeit, da sie sich erst ausreichend informieren musste.
Nun zurück zum Petitionsausschuss des Bundestages:
Der Petitionsausschuss informierte sich beim Auswärtigen Amt zum aktuellen Stand zum Fall. Eine Mitteilung an unseren Anwalt lief darauf hinaus, dass der Fall im Petitionsausschuss noch nicht abschließend entschieden werden kann. (04. 04. 2013)
Ich erhalte kurz danach einen Anruf von der Fraktion der Linke, über die ich vor Jahren den Petitionsantrag im Bundestag eingereicht habe. Wir vereinbarten einen Termin. Im Termin teilten mir die zwei anwesenden Politikerinnen mit, dass im Petitionsausschuss beabsichtigt wird, den Petitionsantrag niederzulegen. Ich war schockiert. Wir haben über 1 1/2 Stunden gesprochen, ich habe Unterlagen vorgelegt und es wurde ausgiebig geprüft. Ich bin gebeten worden, etliche Unterlagen zu kopieren.
Das finale Feedback an dem Tag: Das geht gar nicht, das ist ja überhaupt nicht korrekt gelaufen. Der Petitionsantrag kann und darf nicht niedergelegt werden. Mit einem großen Stapel kopierter Unterlagen verabschiedeten sich die beiden Frauen. Sie versicherten, dass sie gegen eine Niederlegung kämpfen werden.
Dann erhielt ich den Beschluss, dass das Petitionsverfahren abgeschlossen sei. Ich habe die Möglichkeit gehabt, das Protokoll zu lesen: alle Fraktionen, außer die Fraktion Die Linke waren für den Abschluss / Niederlegung der Petition. Hier wurde eine Begründung abgegeben, die sehr wenig den Realitäten entspricht und völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Die Hauptfakten sind nicht berücksichtigt geworden. Dieses wird jeder Leser, der sich mit den Ermittlungsjahren beschäftigt hat, einfach erkennen --- wieder unfassbar!
Unser Rechtsanwalt hat um eine Begründung der Niederlegung gebeten, warum das Verfahren abgeschlossen wurde. Die Abgabe einer Begründung wurde abgelehnt. Daraufhin bezog sich unser Anwalt auf das „Informationsfreiheitsgesetz“ und bestand auf eine Begründung. Daraus folgte in den Jahren später ein sehr unschönes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin.